Leseprobe escapism
I.
homo hominem yo man
is me man to man urhettun aenon muotin
OI POLLOI mein Führer.
Makannotduruft allero manno
und meine Stirn
an der Querstange vom Friedhofstor
in Naxos.
what forms
the shortest connection between
beginning and end of the universe?
Ik gihorta dat seggen,
ein Gedanke. don’t forget this
the end killing fields
of death-stars
and stone-cold planets twirling
through a shrinking space
Krematorium
ausgebrannter Sterne.
Trosse mare unbound
no tattoos they are
for sailors
you ain’t one
und die Sonne versank
wie ein Flugzeugträger im Meer
life where are thou?
circling in a box the last can of tuna
in a fridge slowly
loosing its light
(by the way if closed
there is no light
in no fridge)
bound for the big bang so
pimp my ride
reicht das Leben, oder
läuft es auf Büchsenfleisch hinaus?
Und der Glaube an Gerechtigkeit
Irrsinn.
some tiny bit escaping the numb
of the numberless
Flucht
vor dem Starrsinn
einer umwälzenden Ruhe.
Das Leben fällt von der Gleichgültigkeit
des Alls ab.
life so great
it has to creep
escapism slipping out
Odysseus träumt
espcapism. Dornröschen Verlag / Peter Schneidewind 2006,
Christian Zillner
geb. in Dornbirn. Maler, Schreiber, Magazineur. Studium der Theologie und Philosophie (Dr. phil.).
Von Mitte 1980 bis 1995 Redakteur bei der Wiener Stadtzeitung Falter. Betreibt mit Nora Fuchs seit Mitte der 1990er Jahre eine Werbeagentur und ist seit 2000 Chefredakteur von Falter Corporate Publishing.
Der Autor als Randerscheinung
Christian Zillner wurde 1959 in einer Stadt geboren, die Obst im Schild ihres Wappens führt, nämlich Dornbirn in Vorarlberg.
Als Bürger eines österreichischen Bundeslandes, das am äußersten Zipfel der Zweiten Republik liegt, könnte man ihn als Randexistenz bezeichnen, auch weil sein Interesse Randerscheinungen gilt. Sein Studium der Theologie und Philosophie hat ihn nicht nur mit allerlei Randexistenzen in Beziehung gebracht, die Randerscheinung wurde zum Horizont seiner Weltsicht. Mittlerweile verdient er sein Geld in einer Randlage des Journalismus, als Herausgeber von Magazinen, Zeitschriften und Büchern im Bereich Corporate Publishing. Dass sich erstaunlich viele Randexistenzen inmitten unserer Wirtschaft bewegen, ist eine Erfahrung, die er aus dieser Tätigkeit zieht.
Zu seiner Selbstbeschäftigung gehört neben dem Schreiben die Malerei, mit der er ein Projekt namens „Kontinent Niemandsland“ verfolgt, das die Welt jenseits des Randes zum Mittelpunkt der Darstellung machen will.
Die literarische Arbeit, bei der er sich als die eskapistische Figur eines verkehrten Indianers sieht, die alles, was sie anpackt, mit großer Sorgfalt verkehrt machen muss, gilt nicht nur Randexistenzen, sondern auch jenen, die vom Rand gefallen und verschwunden sind, etwa dem Versepos. Davon wird noch kurz zu sprechen sein.
Ein Buch wie den „escapism“ als Zeitung herauszubringen und damit zur literarischen Randerscheinung zu machen, ist zwar die Idee seines Verlegers gewesen, passt aber genau zum Inhalt dieses philosophischen Gedichts, das der Autor selbst als opus hermeticum betrachtet. Es dürfte eines der wenigen literarischen Werke sein, von dem sein Verfasser selbst zugeben muss, dass er es zumindest teilweise nicht versteht – buchstäblich, weil er weder Türkisch noch Libanesisch lesen kann, auch kommt ihm Althochdeutsch nicht geläufig von den Lippen. Doch weil man etwas nicht zu lesen versteht, heißt es noch lange nicht, dass man es nicht abschreiben kann. Das ist durchaus programmatisch gemeint, der Autor sieht sich weder als Dichter, Literat oder Künstler, sondern als Schreiber und Maler, was nicht nur weniger pathetisch klingt, sondern präziser auf den Kern seiner Arbeit verweist. Ziel der schreibenden und malenden Anstrengung ist, persönlich zu verschwinden, und zwar spurlos am Rand hinabzufallen in eine Welt, wo Poesie alles wirklich macht, weil alles möglich wird.
Damit sind wir wieder beim Versepos, dem aus der Literatur gefallenen. Während der escapism ein einziger Versuch ist, mit einer Welt der Migranten, Touristen, Invasoren und Flüchtlinge sprachlich in Einklang zu kommen, ist das Projekt „Spiegelfeld“, eine elfteilige Vorgeschichte der Zweiten Republik Österreich, ein Mythos und Nationalepos, das getreu der Maxime eines verkehrten Indianers, erst beginnt, da die historische Wahrheit über Österreich wissenschaftlich festgeschrieben wird. Dabei geht es weniger um Ironie als den Widerstand einer Randerscheinung gegen die herrschende ganze Wahrheit in Wissenschaft und Roman. Ihr Wille ist, Gedichte zu leben, dafür muss sie in Kauf nehmen, den Rand nicht halten zu können.
Zum concrete chamber orchestra:
Christian Strasser – Stimme; Berni Hammer – Gitarre und Elektronik; Jakob Schneidewind – Elektronik und Keyboards; Michel Jimenez – Visuals.
Das concrete chamber orchestra wurde 2007 anlässlich der Vertonung und Aufführung des Werks escapism gegründet. Inspiriert von Christian Zillners gleichnamigem Gedicht entstand unter der künstlerischen Leitung von Jakob Schneidewind eine energische audiovisuelle Live-Performance. Der Name der Gruppe lässt sich auf verschiedene Arten lesen. So kann man „concrete“ mit „Beton“ wie mit „musique concrete“ assoziieren – beides trifft musikalisch zu. Die Besetzung bildet ein Kammerorchester des 21. Jahrhunderts: Stimme, E-Gitarre, Elektronik und Laptop werden von den vier jungen Künstlern eingesetzt, um ein dichtes Klanggebilde mit Visualisierung zu erzeugen. Durch Sampling, Improvisation und Dekonstruktion verwandeln sich „Kammern“, in denen das Ensemble auftritt, in ein „orchestra“ im altgriechischen Sinn: in einen um den Altar des Dionysos angelegten Raum für kultische Tänze und Gesänge.
Links
www.zillner.org
www.dornroeschen-verlag.at